Heute um 10 Uhr 30 wird in einer Online-Pressekonferenz im Haus der Industriegewerkschaft Bau das Bündnis „Soziales Wohnen“ eine Studie mit dem Titel vorlegen: „Bauen und Wohnen in Deutschland neu justieren“. Zum Bündnis „Soziales Wohnen“ gehören neben der IG Bau der Deutsche Mieterbund und die Caritas (Behindertenhilfe und Psychiatrie). In der Studie geht es um eine kritische Bilanz der bisherigen Wohnungsbaupolitik des Bundes, vor allem um seine Förderpolitik des Sozialen Wohnungsbaus. Denn kaum bezahlbare Mieten in den Großstädten und der massive Schwund an Sozialwohnungen sind das Hauptproblem auf dem derzeitigen Wohnungsmarkt.
Vom Maler Heinrich Zille stammt die Einsicht, dass man einen Menschen mit einer Wohnung genauso töten könne wie mit einer Axt. Zille gewann diese Erkenntnis angesichts der prekären Wohnungsverhältnisse der Berliner Proletarier um 1900, als sich oft zehn Menschen ein einziges Zimmer teilen mussten. Wenn heute immer mehr Normalverdiener die Hälfte ihres Einkommens für die Miete ausgeben müssen, wirkt das zwar nicht unmittelbar wie eine Axt, langfristig aber vermehrt das die Armut in Deutschland. Und Armut ist bekanntlich auch alles andere als gesund.
Und gerade die Armen, vor allem die Alten und die Kinderreichen trifft die Wohnungsnot in Deutschland, einem der reichsten Länder der Welt. Sie wächst in einem solchen Umfang, dass sie auf der Dringlichkeitsliste der politischen Agenda schon lange ganz vorne steht, – doch getan hat sich vor allem wegen explodierender Baukosten und Bauzinsen wenig: 400.000 neue Wohnungen wollte die letzte Bundesregierung bauen lassen, gerade einmal 295.000 hat sie geschafft. Und darunter waren gerade einmal 25.000 Sozialwohnungen. 100.000 hätten es sein sollen.
Die Sozialwohnungen sind das Stiefkind der Wohnungsbaupolitik. Um die Jahrtausendwende gab es noch über zwei Millionen, im vergangenen Jahr sank die Zahl auf unter eine Million. Dabei haben mehr als elf Millionen Haushalte in Deutschland Anspruch darauf. Der Bedarf ist also groß, doch in den letzten Jahren sind viele Sozialwohnungen aus der staatlich geförderten Mietpreisbindung herausgefallen, sodass die Vermieter marktübliche Mieten verlangen können. Und die übersteigen inzwischen sogar das Budget gutverdienender Menschen.
Wenn sich also heute bei der Industriegewerkschaft Bau in Berlin das „Bündnis Soziales Wohnen“ trifft, um eine kritische Bilanz der bisherigen Wohnungsbaupolitik des Bundes zu ziehen, wird es zuallererst um die staatliche Förderpolitik gehen. Es wird darauf hinauslaufen, dass die Mittel nicht ausreichen, also erhöht werden müssen. Die Frage ist allerdings, ob die zukünftige – voraussichtlich eher marktliberal orientierte – Bundesregierung bereit sein wird, tatsächlich mehr als die bisher bis 2026 geplanten knapp 15 Milliarden Euro für den Sozialen Wohnungsbau auszugeben.
Deshalb kann es vielleicht fruchtbar sein, sich auch nach anderen, kostengünstigeren Vorschlägen umzuschauen. Vielleicht ließe sich der Umbau von leerstehenden Büros in Wohnungen erleichtern? Oder endlich eine effektive Mietpreisbremse durchzusetzen? Am weitesten geht der Plan der Linken, alle Mieten für die nächsten sechs Jahre einzufrieren. Obwohl einer Umfrage zufolge damit über 70 Prozent der Leute einverstanden wären, – realistisch ist das nicht. Denn die sozialistische Staatswirtschaft haben wir ja hinter uns.
WDR3 Mosaik 5. Februar 2025