Ross Thomas: Die Narren sind auf unserer Seite. Politthriller. Aus dem Amerikanischen von Gisbert und Julian Haefs. Alexander Verlag, 584 Seiten, 20 €
https://www.alexander-verlag.com/programm/titel/die-narren-sind-auf-unserer-seite.html
Es gab einmal eine Zeit, und die ist gerade 50 Jahre her, da galten Krimis noch als Schmuddelware, wurden meist als Heftchen verkauft und wenn als Bücher, dann als billige und vor allem schmale Broschur. So kam es, dass die deutschen Übersetzungen der Romane des amerikanischen Autors Ross Thomas (1926 bis 1995) in den 1970er Jahren nur extrem gekürzt und damit oft sinnenstellt erschienen. Dem Berliner Alexander-Verlag ist dafür zu danken, dass er sie nach und nach von potenten Übersetzern vollständig und neu übersetzt erscheinen lässt. Und zwar alle 25 Romane, die Thomas von seinem 40. Lebensjahr an geschrieben hat. Nun ist der 24., der vorletzte Roman dieser „Ross-Thomas-Edition“, der Politthriller „Die Narren sind auf unserer Seite“ dazugekommen.
Trägt der Held einer Story den Vornamen Lucifer und heißt der Kumpel, mit dem er eine Stadt korrumpieren soll, Homer Necessary, liegt die Annahme nahe, dass es sich um eine Satire handelt. (Kursiv = Kürzungspotential, falls zu lang:) Und nennt sich diese fiktive texanische Stadt auch noch Swankerton, was so klingt wie eine Geschlechtskrankheit, scheint sich das zu bestätigen. Doch Satire ist nicht alles, was Ross Thomas‘ wunderbarer Roman zu bieten hat. Vor allem ist er ein rasanter Krimi und dazu noch ein ausgekochter Spionage-Thriller. In ihm vereinen sich also die Genres, in denen Thomas im realen Leben unterwegs war, bevor er anfing, Romane zu schreiben.
Dass er nicht nur Geheimagent, sondern auch Journalist und Politikberater war, zeigt sich am Plot des Romans, der 1970 spielt, aber aktueller nicht sein könnte: In dem von einem Mafia-Clan beherrschten Stadt Swankerton stehen Stadtratswahlen an. Der gerade unehrenhaft entlassene Geheimagent Lucifer Dye bekommt von einem Clan den Auftrag, die Kandidaten des herrschenden Clans öffentlich bloßzustellen, so, dass die Favoriten seines Auftraggebers gewinnen. Da der abgebrühte Zocker Lucifer sich aber auch vom herrschenden Clan bestechen lässt, wird die Luft für ihn bald dünn.
Das Besondere an diesem Krimi ist, dass er in Rückblenden die Biografie und Geheimdienstkarriere seines Helden und damit gleichzeitig auch eine in Hongkong spielende Spionagegeschichte erzählt. Das ist sehr elegant gemacht und außerdem kommen die Leser wie immer bei Ross Thomas auch hier in den Genuss seines brillanten lakonischen Stils. „Er sah mich nur an und in seinem Blick fand ich nichts, was ich mochte.“
WDR5 Bücher 24. und 25. August 2024