James Ellroy, Allgemeine Panik

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James Ellroy, Allgemeine Panik. Roman. Aus dem Amerikanischen von Stephen Tree. Ullstein 2022. 432 Seiten. 26 Euro

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Der neue Roman des einst innovativen und genialen amerikanischen Krimi-Autors James Ellroy lebt von Versatzstücken seiner Meisterwerke der 1980er. Statt eines Plots wartet er mit einer endlosen Aneinanderreihung von Brutalitäten und Obszönitäten auf.

James Ellroy war einmal ein hervorragender Thriller-Autor. Vor allem mit seinen Romanen aus den 1980er Jahren – „Die Schwarze Dahlie“ oder „L.A. Confindential“ – hat er dem Genre des hard-boiled-Krimis einen innovativen Schub gegeben: Das waren äußerst komplexe, Figuren-dichte und gut konstruierte Kriminalromane, in denen sich das Milieu des Los Angeles der 1940er und 1950er realistisch spiegelte. – In den letzten Jahren schreibt Ellroy nun nichts anderes mehr als den x-ten Aufguss dieser Romane. Bevölkert sie mit den immergleichen, verwechselbaren Figuren und Motiven. Die ursprüngliche Originalität ist hin, übrig bleiben sexistische, rassistische und an Brutalität kaum zu überbietende Versatzstücke. Von einem „Roman“ kann auch im neuesten Machwerk nicht mehr die Rede sein. Der als „Bekenntnis“ getarnten angeberischen Geschichte des ehemaligen Cops, Klatschjournalisten, Zuhälters und Erpressers Freddy Otash fehlt jede Struktur. Es sei denn, man betrachtet es als „Struktur“, wenn Obszönitäten endlos aneinandergereiht und dabei historische Personen wie John F. Kennedy, James Dean oder Marylin Monroe humorlos, dafür aber umso widerwärtiger diffamiert werden. – Es ist traurig zu erleben, wie sich ein Schriftsteller selbst demontiert. Den Lesern bleibt derweil nichts, als seine alten, guten Romane wiederzulesen – oder zu entdecken.

WDR 5 Bücher 9. Juli 2022